Nun beginnt für die Schweiz eine B-WM. Es ist fast wie eine Rückkehr zu einer längst verblassten Hockey-Romantik. Als wir im letzten Jahrhundert in der tiefen Provinz gegen internationale «Hinterbänkler» bei der B-WM meistens vergeblich um den Aufstieg in die höchste WM-Klasse spielten. Nach dem grandiosen 5:1 gegen Deutschland folgen nun in der dänischen Provinz von Herning die restlichen drei Gruppenspiele gegen Ungarn, Norwegen und Kasachstan. Internationale «Hinterbänkler», eigentlich zweitklassig, die ihre Präsenz auf der höchsten internationalen Bühne einerseits der Aufstockung der WM auf 16 Teams und andererseits der Absenz der Russen und Weissrussen verdanken.
Ohne respektlos zu sein: Punktverluste gegen Ungarn, Norwegen und Kasachstan sind möglich. Aber sie wären schmählich. Nationaltrainer Patrick Fischer steht nun vor der durchaus heiklen Aufgabe, die Form seiner Mannschaft über die kommenden «leichten Tage» bis zum Viertelfinal am nächsten Donnerstag zu konservieren.
Die Schweizer haben gegen die Deutschen die starke Leistung gegen die USA (3:0) eindrücklich bestätigt. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Schweizer flogen übers Eis, die Deutschen mussten zu Fuss gehen. Die läuferische und technische Überlegenheit ist von allem Anfang an klar. Aber sie zinst erst ab dem zweiten Drittel in sechs Toren, von denen eines nach einer Coaches Challenge wegen Offside aberkannt wird.
Anfänglich sind die Deutschen noch dazu in der Lage, unsere Schillerfalter weitgehend zu zähmen oder doch auf die Aussenbahnen abzudrängen. Aber eben: Es sind Schillerfalter mit Weltklasseformat. Sie mögen ab und zu ein wenig zu verspielt sein und deshalb fehlt dem tempo- und variantenreichen Spiel der Schweizer in der Anfangsphase eine Spur Geradlinigkeit. Doch es sind bissige Schillerfalter, die sich zu keinem Zeitpunkt einschüchtern lassen. In der Gesamtbeurteilung sind die Schweizer nicht nur technisch, läuferisch und taktisch besser – sie sind mindestens so robust und selbstsicher wie ihre Gegenspieler. Das war gegen die Deutschen nicht immer so.
Auf vier Fragen haben wir bereits nach vier von sieben Gruppenspielen eine Antwort.
Erstens: Erreichen die Schweizer den Viertelfinal? Ja, und sie haben beste Aussichten, die Vorrunde auf dem 1. oder 2. Platz zu beenden. Was die Chancen im Viertelfinal erheblich erhöht.
Zweitens: Haben die Schweizer Medaillen-Format? Ja, sie sind sogar «silberfähig».
Drittens: Gibt es inzwischen eine klare Nummer 1? Ja, Leonardo Genoni hat sich nun von der frustrierenden Meisterschaft ins WM-Team gespielt. Nach einem unsicheren Auftakt gegen Tschechien (4:5 n.V) folgte das 3:0 gegen die USA und nun haben wir gegen die Deutschen (5:1) den ruhigen, sicheren «Silber-Genoni» von 2018 und 2024 gesehen, der in der zweiten Spielhälfte, als die Konzentration seiner Vordermänner etwas nachgelassen hatte, mit einigen grossen Paraden aufwartete. Nationaltrainer Patrick Fischer hat in den entscheidenden Vorrundenpartien auf Leonardo Genoni gesetzt – und recht behalten.
Viertens: Kann Sven Andrighetto als erster Schweizer offizieller WM-Torschützenkönig werden? Ja. Ohne gegenüber unseren restlichen Gegnern in der Vorrunde respektlos zu sein und unter Berücksichtigung, dass Eishockey ein Teamsport zu sein hat: Weitere fünf oder gar sieben weitere Tore gegen Ungarn, Norwegen oder Kasachstan wären zwar keine Selbstverständlichkeit. Fünf hat er nach den vier Treffern gegen die Deutschen schon. Wir sehen gerade den besten Sven Andrighetto der Geschichte und in dieser Form ist er einer der besten Kunstschützen der Welt.
Bei der Beurteilung dieser Partie ist zu berücksichtigen, dass die Deutschen trotz der klaren Niederlage (1:5) keineswegs enttäuscht haben. Das klare Resultat ist der überzeugenden Leistung der Schweiz geschuldet.
Die Deutschen hatten die drei ersten Vorrundenpartien gewonnen (6:1 Ungarn, 4:1 Kasachstan, 5:2 Norwegen) und hatten sich gute Chancen gegen die Schweiz ausgerechnet. Aber die Zuversicht hat sich als Irrtum erwiesen: Zum vielleicht ersten Mal in der Hockey-Geschichte waren die Deutschen gegen die Schweizer eine Spur zu selbstsicher.
Respekt Team Schweiz - well done, congratulations!
Einfach mal gross denken und sie also sogar goldfähig betiteln! :)